Frequent Questions über die Revision
Die neu gefasste Richtlinie zum Europäischen Betriebsrat in Fragen und Antworten. Von Wolfgang Greif, GPA-djp / Österreich (März 2009)
Zum Weiterlesen: Wolfgang Greif (2009) Der Europäische Betriebsrat. Ein gewerkschaftliches Handbuch. Reihe: Betriebsratsarbeit kompakt. ÖGB Verlag.
Was war vom Vorschlag der Kommission zur Neufassung der EBR-Richtlinie zu hal-ten?
- Folgende Punkte wurden von der Kommission ihrem Kern nach als Ziele der vorgeschlagenen Neufassung zum EBR hervorgehoben:
- die Rechtssicherheit für alle EBR-Beteiligten auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite sollten erweitert werden;
- die Wirksamkeit der Rechte der Arbeitnehmer/innen auf länderübergreifende Unterrichtung und Anhörung gewährleisten und damit die Effizienz des EBR sollte gestärkt werden;
- die praktische Anwendbarkeit der EBR Richtlinie sollte verbessert und damit vor allem die Anzahl an EBR Gründungen deutlich erhöht werden;
- und schließlich sollte auch eine bessere Kohärenz im rechtlichen Besitzstand zum Thema Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer/innen in der EU herbeigeführt werden.
- Mit diesen Zielen stimmte der EGB völlig überein. In der Ausformulierung der zu ändernden bzw. neu zu fassenden Bestimmungen der Richtlinie selbst, blieb die Kommissionsvorlage allerdings weit hinter Vorschlägen zurück, wie sie bereits in früheren Mitteilungen als Eckpunkte einer künftigen EBR-Revision festgehalten wurden. Allzu offensichtlich sind massive Lobbyaktivitäten der europäischen Arbeitgeber auf offene Ohren in der Kommission gestoßen.
- So konnte der EGB vor dem Hintergrund der offenkundigen Defizite in der Praxis vieler EBR und seiner umfangreichen Liste an Forderungen zur Verbesserung der EBR-Richtlinie mit den vorgeschlagenen Änderungen der Kommission in der Substanz nicht zufrieden sein. Trotzdem akzeptierte er das Kommissionsdokument als Grundlage der nun anstehenden EBR-Revision in Zuge des europäischen Gesetzgebungsverfahrens.
Wie kam es zur politischen Einigung hinsichtlich der neuen EBR-Richtlinie Ende 2008?
- Um eine weitere Verschleppung der seit 1999 überfälligen EBR-Revision zu verhindern, hat sich der EGB angesichts des engen Zeitfensters, das für eine Verabschiedung vor den Wahlen zum Europäischen Parlament im Frühjahr 2009 gegeben war, auch gegen Verhandlungen im Rahmen des Sozialen Dialogs ausgesprochen. Mit Erfolg, legte sich doch die Reserviertheit der europäischen Industrie- und Arbeitgeberverbandes Businesseurope über Änderungen zur EBR-Richtlinie zu verhandeln nach Vorlage der Kommissionsvorschläge merklich.
- So kam es im Sommer 2008 zu intensiven Gesprächen und auch einem Grundsatzabkommen über weitere Nachbesserungen zum Vorschlag der Kommission. Die europäischen Sozialpartner trugen damit neben einer in dieser Frage engagiert handelnden französischen Präsidentschaft wesentlich zu jener Dynamik bei, die angesichts des intensiven Ringens „hinter den Kulissen“ und den schwierigen Verhandlungen in und zwischen den Institutionen der EU notwendig war, um dieses zugleich schwierige, aber auch symbolträchtige EU-Dossier ohne allzu große Auseinandersetzungen und weite Verschiebungen über die Bühne zu bringen.
- Hilfreich erwiesen sich in diesem Sinn auch die deutlichen Signale aus dem Europäischen Parlament und die nicht minder deutlichen Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, die - ganz in der Linie ihrer bisherigen Positionen für vermehrte EBR-Rechte – deutliche Nachbesserungen zum Vorschlag der Europäischen Kommission gefordert haben.
- Und in der Tat kam es Mitte Dezember 2008 bereits in der erster Lesung zu einer mit großer Mehrheit ausgestatteten Verabschiedung der neu gefassten EBR-Richtlinie im Europäischen Parlament und unmittelbar danach auch zur fast einstimmigen politischen Einigung im Ministerrat der EU. Womit der formellen Inkraftsetzung der neuen EBR-Richtlinie im Frühjahr 2009 nichts mehr im Wege steht.
Was kam am Ende der Verhandlungen zur Neufassung der EBR-Richtlinie heraus?
- Bei der Überarbeitung der EBR-Richtlinie handelt es sich um einen klassischen Kompromiss.
- Zum einen enthält der neue Richtlinientext im Vergleich zum bestehenden Rechtsbestand zu mehreren wichtigen Punkten wesentlichen Klarstellungen und Verbesserungen, die sich in der Praxis vor allem bei der Neugründung, aber auch in der alltäglichen Arbeit des EBR positiv auswirken werden.
- Das intensive und bis zu letzt spürbare Lobbying der europäischen Arbeitgeberverbände trug andererseits das seine dazu bei, ursprünglich weiterreichende Pläne zu verwässern. Für einige zentrale gewerkschaftliche Forderungen blieb so wenig Spielraum.
- Somit ist es nicht überraschend, dass die Neuerungen in der neuen EBR-Richtlinie, die nach einer zweijährigen Umsetzungsphase in die nationalen Arbeitsrechtsordnungen im Frühjahr 2011 gelten werden, dem Wunschkatalog der Gewerkschaften nicht entsprechen.
- Zu den Verbesserungen der neuen EBR-Richtlinie zählen vor allem folgende Punkte:
- Die Situation bei der EBR Gründung wird verbessert
- Gewerkschaften wird eine stärkere Rolle bei der Umsetzung der EBR Richtlinie eingeräumt
- Es kommt zu Neuregelungen bei der Besetzung des Besonderen Verhandlungsgremiums
- Die Arbeit im EBR soll durch mehrere Neuerungen deutlich effektiver werden, wie etwa
- die standardmäßige Einrichtung eines engeren Ausschusses im EBR
- Kompetenzerweiterungen durch Anspruch auf Qualifizierungen der EBR Mitglieder
- die Schaffung eines kollektiven Vertretungsmandates für den EBR
- Die Bestimmungen zur Unterrichtung und Anhörung werden deutlich präziser formuliert
- Der EBR erhält das Recht zu Neuverhandlungen bei Strukturänderungen im Unternehmen
- Bessere Abstimmung der Arbeitnehmerbeteiligung auf europäischer und nationaler Ebene
- Folgende zentrale EGB-Forderungen blieben im Zuge der EBR-Neufassung Revision ganz oder teilweise unerfüllt:
- Schwache Bestimmung zu Sanktionen bei Verstößen gegen die Richtlinie
- Beschränkungen bei Anwendung der Richtlinie bleiben bestehen (Schwellenwerte, Tendenzschutz)
- Die Verhandlungsfrist bei EBR Gründungen bleibt unverändert lange
- Keine zweite ordentliche Sitzung pro Jahr
- Neudefinition zur Transnationalität schafft keine eindeutige Klarheit
Welche Neuerungen enthält die überarbeitete EU-Richtlinie zum EBR?
- Die Nachbesserungen der Richtlinie zum EBR betreffen im Wesentlichen einige neue bzw. neu gefasste Bestimmungen zum Verfahrensrecht bei der Einrichtung künftiger EBR wie etwa die Neuregelung bei der Besetzung des Besonderen Verhandlungsgremiums zu Verhandlungen mit der Unternehmensleitung oder zusätzliche Vorgaben hinsichtlich der Inhalte, die nun zwingend in einer EBR Vereinbarung enthalten sein müssen.
- Dabei wurde insbesondere die Situation bei betrieblichen Arbeitnehmervertretungen und der Gewerkschaften bei der EBR Gründung verbessert und durch mehrere neue Bestimmungen, die nun in einer EBR-Vereinbarung enthalten sein müssen, Grundlagen geschaffen, um die Arbeit im EBR selbst effektiver zu gestalten.
- Die Bestimmungen zur länderübergreifenden Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer/innen und ihrer Vertretungen im EBR werden deutlich präzisiert und Klarstellungen hinsichtlich der Modalitäten der Beteiligung der Arbeitnehmervertretungen auf nationaler und europäischer Ebene geschaffen, die dem bereits erreichten Stand der Richtlinie zur Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Aktiengesellschaft aus dem Jahre 2002 sehr nahe kommen.
- Schließlich erhalten bestehende EBR das Recht zu Neuverhandlungen bei Strukturänderungen im Unternehmen, wenn eine praktikable und dem vereinbarten Standard entsprechende Information und Anhörung aller Arbeitnehmer/innen nicht mehr gewährleistet ist. Das gilt auch für bereits bestehende EBR.
Wodurch wird die Arbeit des EBR effektiver werden?
- Die Arbeit im EBR sollte durch mehrere Neuerungen effektiver werden: So legt die neue Richtlinie nun fest, dass eine Vereinbarung zur Gründung eines EBR standardmäßig auch die Einrichtung eines bis zu fünf Mitgliedern umfassenden engeren Ausschusse vorsehen muss, der die Geschäfte des EBR führt und eine Koordinierung und eine höhere Effizienz der regelmäßigen EBR-Arbeit sowie eine schnellstmögliche Unterrichtung und Anhörung im Falle außergewöhnlicher Umstände ermöglicht soll.
- Die Bestimmungen zur länderübergreifenden Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer/innen und ihrer Vertretungen werden deutlich präziser formuliert: Es wurde klar gestellt, dass die Meinung des EBR bereits vor der Entscheidung und nicht erst vor der Umsetzung einer Unternehmensentscheidung gefragt ist und sich die an den EBR gegebenen Informationen auf geplante Maßnahmen zu beziehen haben und nicht bereits Bekanntes bzw. bereits Beschlossenes umfasst.
- Die Situation bei der EBR Gründung wird verbessert. Danach müssen die Konzernleitungen allen Parteien die für die Aufnahme von Verhandlungen erforderlichen Angaben zur Struktur des Unternehmens und zur Belegschaft bereitstellen. Es ist damit zu rechnen, dass diese notwendige Klarstellung in Zukunft dazu beitragen wird, möglichen Streit in diesem Punkt zu vermeiden. In der Vergangenheit mussten Probleme bereits mehrfach vor dem EuGH ausgefochten werden. Gleichwohl wird es auch in Zukunft keine Meldepflicht von Fusionen oder Übernahmen geben, die als strukturelle Änderungen gegebenenfalls Neuverhandlungen über EBR Vereinbarungen auslösen würden.
- Neuregelung bei der Besetzung des Besonderen Verhandlungsgremiums: Die Mandatszahl des besonderen Verhandlungsgremiums richtet sich in Zukunft nach der Zahl der in jedem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer/innen im Konzern, je ein Mandat für jeweils 10 Prozent der Gesamtzahl der in den Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeitnehmer/innen pro Mitgliedstaat oder eines Bruchteils dieser Tranche. Ein ursprünglich im Entwurf für die erneuerte Richtlinie vorgesehener Schwellenwert, der die Vertretung der Arbeitnehmer/innen aus kleineren Standorten durch den EBR ausgeschlossen hätte, konnte durch die politische Entscheidung des Europäischen Parlaments abgewendet werden.
- Durch ein neues, direkt aus dem EBR-Mandat zustehendes und über die jeweiligen nationalen Freistellungs- und Weiterbildungsansprüche hinausgehendes Recht zur Aus- und Weiterbildung ohne Gehaltsverlust wird es zu einer Kompetenzerweiterung der EBR Mitglieder kommen.
- Klarstellungen zur Abstimmung der Beteiligung der Arbeitnehmer auf europäischer und nationaler Ebene: Durch entsprechende Bestimmungen soll sichergestellt werden, dass Arbeitnehmervertreter/innen auf verschiedenen Ebenen nicht zu unterschiedlichen Zeitpunkten verschiedene Informationen zu ein und demselben Sachverhalt erhalten. Sind Entscheidungen geplant, die wesentliche Veränderungen der Arbeitsorganisation oder der Arbeitsverträge mit sich bringen können, muss der Prozess der Unterrichtung gleichzeitig auf einzelstaatlicher Ebene und im EBR durchgeführt werden, wobei die jeweiligen Zuständigkeiten und Aktionsbereiche der Arbeitnehmervertretungen zu beachten sind. Allerdings bleiben die gesetzlichen Interessenvertretungsrechte auf nationaler und lokaler Ebene in vollem Umfang erhalten. Ein Arbeitgeber kann sich etwa nicht auf anders lautende Regelungen in der EBR-Vereinbarung berufen, um seine Entscheidung später als im nationalen Gesetz vorgesehen bekannt zu geben.
- Dem EBR wird auch ein kollektives Vertretungsmandat übertragen, was insbesondere im Fall der Rechtsdurchsetzung vorteilhaft sein wird.
- Die Mitglieder des EBR erhalten explizit auch die Aufgabe übertragen, die Arbeitnehmervertreter/innen und Belegschaften der Betriebe und Unternehmen über Inhalt und Ergebnisse der EBR Arbeit zu unterrichten. Darauf aufbauend sollte eine verbesserte Praxis der Kommunikation zwischen EBR und nationalen Organen der Arbeitnehmervertretung Platz greifen.
Wie schauen die neuen Bestimmungen zur Unterrichtung und Anhörung im EBR aus?
- Es wurde klar gestellt, dass die Meinung des EBR bereits vor der Entscheidung und nicht erst vor der Umsetzung einer Unternehmensentscheidung gefragt ist.
- So ist nun in der EBR-Richtlinie explizit festgehalten, dass die Unterrichtung in Form und Inhalt derart gestaltet sein muss, dass sie dem EBR zur Vorbereitung einer möglichen Anhörung mit kompetenten Vertretern des Managements eine eingehende Prüfung möglicher Auswirkungen geplanter Entscheidungen ermöglicht.
- Die Anhörung ist als ein Verfahren zu verstehen, das dem EBR erlaubt, eigene Vorschläge in einem Zeitraum zu unterbreiten, die von der Unternehmensleitung noch in Erwägung gezogen werden können, solange der Entscheidungsprozess noch nicht abgeschlossen ist.
- Dabei ist dem Ziel explizit Rechnung zu tragen, dass die Abgabe einer Stellungnahme, die für die Entscheidungsfindung von Nutzen sein kann, möglich sein muss, was voraussetzt, dass die Anhörung zu einem Zeitpunkt, in einer Weise und in einer inhaltlichen Ausgestaltung erfolgt, die diesem Zweck angemessen sind.
- Allerdings wird auch in Zukunft die Stellungnahme des EBR keinerlei aufschiebende Wirkung bei einer Unternehmensentscheidung entfalten können. Die rechtlichen Möglichkeiten des EBR sind mit der Abgabe seiner Stellungnahme im Wesentlichen erschöpft.
- Es wird nun darum gehen, diesen Standard der Arbeitnehmerbeteiligung in die Praxis umzusetzen, was in erster Linie heißt, diese Definitionen auch in die bestehenden EBR-Vereinbarungen zu integrieren und somit zur konkreten rechtlich bindenden Pflicht für die Unternehmensleitungen zu machen. Und dann heißt es dies auch zu leben und gegebenenfalls auch in der Praxis einzufordern.
Wird die EBR-Richtlinie zu vermehrten EBR Gründungen führen?
- Davon kann ausgegangen werden, wird doch die Situation der betrieblichen Arbeitnehmervertretungen und der Gewerkschaften bei der EBR Gründung wesentlich verbessert. So wird es in Zukunft weit bessere Möglichkeiten geben, die Konzernleitungen zur Bereitstellung der für die Aufnahme von Verhandlungen erforderlichen Angaben zur Struktur des Unternehmens zu bringen.
- Es ist damit zu rechnen, dass diese notwendige Klarstellung in Zukunft dazu beitragen wird, möglichen Streit in diesem Punkt zu vermeiden. In der Vergangenheit mussten Probleme bereits mehrfach vor dem EuGH ausgefochten werden. In Extremfällen wurde ein jahrelanger Rechtsstreit hinsichtlich der Beherrschungsverhältnisse in Konzernen u.a. Voraussetzungen für eine EBR-Gründung geführt. Nun sollte es sehr viel schwieriger werden, dass sich Unternehmen aus der Verantwortung ziehen, wenn Arbeitnehmer/innen einen EBR gründen wollen
- Gleichwohl wird es auch in Zukunft keine Meldepflicht von Fusionen oder Übernahmen geben, die als strukturelle Änderungen gegebenenfalls Neuverhandlungen über EBR Vereinbarungen auslösen würden.
- Darüber hinaus wird den Gewerkschaften größere Bedeutung für die Umsetzung der EBR Richtlinie einräumt: die europäischen Gewerkschaftsverbände sind ebenso wie die europäischen Arbeitgeberorganisationen über den Beginn von Verhandlungen und die Zusammensetzung des Besonderen Verhandlungsgremiums zu informieren.
- So wird die aus der Praxis bekannte positive Rolle der Gewerkschaften bei Verhandlungen ausdrücklich anerkannt und deren Beteiligung im EBR erleichtert. Damit sollte zu einem sehr frühen Zeitpunkt die gewerkschaftliche Unterstützung der Arbeitnehmervertreter/innen in den Unternehmen gewährleistet sein.
Ab wann gelten die neuen Regelungen der überarbeiteten EBR-Richtlinie?
- Mitte Dezember 2008 wurde die neu gefasste Richtlinie zum EBR im Europäischen Parlament mit großer Mehrheit bereits in erster Lesung verabschiedet. Dabei wurden noch wesentliche Nachbesserungen durchgesetzt, über die es unmittelbar danach auch im Ministerrat der EU zu einer fast einstimmigen politischen Einigung kam. Damit steht der formellen Beschlussfassung der neuen EBR-Richtlinie durch den Arbeits- und Sozialministerrat und der Inkraftsetzung im Frühjahr 2009 nichts mehr im Wege.
- Die neue EBR Richtlinie ersetzt damit den Text aus dem Jahr 1994, wird aber nicht sofort rechtswirksam. Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU beginnt dann der bei EU-Richtlinien übliche Prozess der Umsetzung des europäischen Rahmenrechts in die Arbeitsrechtsordnungen der einzelnen Mitgliedstaaten.
- Das gilt für alle 27 EU-Mitgliedsländern und die weiteren Ländern des EWR. Alle bis zu diesem Zeitpunkt gegebenenfalls der EU beitretenden Länder müssen diese Richtlinie ab Zeitpunkt des Beitritts ebenfalls umgesetzt haben.
- Die neue Rechtsgrundlage zum EBR wird daher effektiv nicht vor dem Frühjahr 2011 wirksam werden. Ab dann gelten in jedem Fall die neuen Verfahrensregeln für neu einzurichtende EBR ebenso wie die neuen Rechtsansprüche für EBR-Mitglieder und die Bestimmungen hinsichtlich der Anpassungsklausel für bestehende EBR bei wesentlichen Strukturänderungen im Unternehmen.
Was bedeutet die Überarbeitung der Richtlinie für bereits bestehende EBR?
- Die meisten Bestimmungen der überarbeiteten EBR-Richtlinie gelten in erster Linie für künftig einzurichtende EBR oder nach 2011 zu überarbeitende/neu zu verhandelnde. Eine automatische Anpassungspflicht bestehender EBR-Vereinbarungen konnte nicht durchgesetzt werden. Allerdings enthält der neue Richtlinientext nun eine durchaus nützliche Anpassungsklausel, die für zahlreiche bestehende EBR in Zukunft – nach Inkrafttreten der Richtlinie in den Mitgliedstaaten - schlagend werden kann.
- Bestehende EBR erhalten das Recht die EBR-Vereinbarung neu zu verhandelt, wenn wesentliche Änderungen in der Größe oder Struktur des Unternehmens eine praktikable und dem vereinbarten Standard entsprechende Information und Anhörung aller Arbeitnehmer/innen des Unternehmens nicht mehr gewährleisten. Hier sind insbesondere die Klarstellungen zu begrüßen, wonach während neuer Verhandlungen die Nachwirkung der bestehenden Vereinbarungen gegeben ist.
- Diese Möglichkeit wird explizit auch einem EBR zustehen, der noch vor der nationalen Inkraftsetzung der bestehenden EBR-Richtlinie im September 1996 gegründet wurden. Die Regelung enthält allerdings im Fall von Neuverhandlungen dieser so genannten freiwillig zustande gekommenen Vereinbarungen mit schwachen Vorgaben keinen zwingenden Impuls für die Arbeitgeberseite, sich auf eine bessere und wirksamere Vereinbarung zu verständigen. So fehlt in der Richtlinie etwa eine Klarstellung, was bei Nichtzustandekommen einer Einigung im Fall solcher Neuverhandlungen zu geschehen hat.
- Allerdings wird diese Möglichkeit nicht vor dem Jahr 2011 nach Umsetzung der neuern EBR-Richtlinie in die nationalen Rechtsordnungen möglich sein.
- Sicher ist, dass die neue Richtlinie ab 2011 nicht für Vereinbarungen gelten wird, die im Übergangszeitraum von Mai 2009 bis Mai 2011 überarbeitet oder neu abgeschlossen werden. Für diese Verhandlungen müssen die verbesserten Bestimmungen der neuen Richtlinie offensiv als Richtschnur bei Neuabschluss oder Nachverhandlungen der bestehenden EBR-Vereinbarung genutzt werden. Eine Alternative ist, diese Vereinbarungen bis zum Ende des Übergangszeitraums zu befristen bzw. in den abschließenden Vertragsklauseln eine entsprechende Anpassungsklausel der Vereinbarung auf die neue EBR-Gesetzgebung zu vereinbaren.
Jetzt heißt es, die neuen Möglichkeiten für eine verbesserte EBR-Praxis nutzen
- Die Verabschiedung der neuen Rechtsgrundlage zum EBR ist sicherlich ein Erfolg aller jeder Kräfte in der EU, die für eine Stärkung der Beteiligungsrechte von Arbeitnehmer/innen als ein Kernelement des europäischen Sozialmodells eintreten sind. An dieser Einschätzung kann festgehalten werden, auch wenn viele Forderungen der Gewerkschaften zur Nachbesserung der EBR-Richtlinie unerfüllt bleiben.
- Mit der neuen Richtlinie ist ein neuer Standard zum EBR gesetzt. Es liegt den betrieblichen Arbeitnehmervertretungen und den Gewerkschaften somit ein neuer Werkzeugkasten mit neuen und teilweise nachjustierten Geräten vor. Es liegt nun an allen bestehenden EBR, dies aktiv zu nutzen, um die vertraglichen Voraussetzungen und die laufende Praxis im eigenen EBR nachzubessern.
- Auch wenn die neuen Möglichkeiten zu Neuverhandlungen im Fall von Strukturänderungen im Unternehmen bis 2011 nicht zurückgegriffen werden kann, sollten die verbesserten Bestimmungen der neuen Richtlinie in diesem Sinn offensiv als Benchmark zu Nachverhandlungen der bestehenden EBR-Vereinbarung genutzt werden.
- Mit Sicherheit wird es in einiger Zeit abermals an den Gewerkschaften in Europa liegen, auf diesem Etappensieg im Ringen um mehr Mitwirkungsrechte in multinationalen Konzernen aufzubauen und diese in einer nächsten Runde weiter aufzupolieren.
- Jetzt heißt es einmal, die neuen Möglichkeiten in die Hand zu nehmen und eine verbesserte praktische Umsetzung der Beteiligungsrechte anzugehen, die in der überarbeiteten EBR-Richtlinie festgelegten sind.
Wie kam es zur Vorlage einer Neufassung der EBR-Richtlinie?
- Anfang Juli 2008 legte die Europäische Kommission den lange erwarteten Entwurf einer überarbeiteten Richtlinie zum EBR vor. Dem war ein zähes Ringen zwischen dem Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) und dem Europäischen Verband der Industrie- und Arbeitgeberverbände (Businesseurope) voraus gegangen. Wie bereits über gut ein Jahrzehnt hinweg blockierten sie bis zuletzt jede Initiative zur Verbesserung der Interessenvertretung in europäischen Konzernen.
- In dieser strikten Blockadehaltung lag auch der Grund, warum der EGB im Frühjahr 2008 nicht von der Möglichkeit Gebrauch machte, auf dem Weg von Sozialpartnerverhandlungen auf Basis des Sozialen Dialoges zu einer Revision der EBR-Richtlinie zu gelangen. Zu deutlich zeichnete sich ab, dass dies zu weiten Verzögerungen führen würde.
- Der EGB begrüßte daher den Vorstoß der Kommission ausdrücklich, die Blockade der europäischen Arbeitgeberverbände zu überwinden, indem sie selbst gesetzgeberisch initiativ wurde. Im Übrigen war auch schon die bestehende EBR-Richtlinie 1994 kein Ergebnis des sozialen Dialogs. Schon damals, Ende der achtziger Jahre, gab es keine echte Chance, mit den europäischen Arbeitgeber das 1989 in der Europäischen Charta der sozialen Grundrechte definierte Recht eines Arbeitnehmers auf Unterrichtung und Anhörung in die Praxis umzusetzen.
- Gut 15 Jahren nach der Verabschiedung der EBR Richtlinie öffnete sich somit nun erneut ein Zeitfenster, um die Rechte des EBR den Realitäten im europäischen Binnenmarkt anzupassen und damit die Handlungsmöglichkeiten des EBR zu stärken und bestehende rechtliche Unsicherheiten auszuräumen.
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Wolfgang Greif (2009) FAQ - Revision of EWC Directive (EN)
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Wolfgang Greif (2009) FAQ zur Revision der EBR Richtilinie (DE)
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